Eine Geschichte
In einer verlassenen Gegend waren die Menschen immer feindlicher geworden. Auf einer Seite stritten sie sich gerne wegen Kleinigkeiten, auf der anderen Seite brauchten sie sich gegenseitig, um überleben zu können. Da sich die Feindlichkeit zwischen den Menschen immer weiter durchsetzt, fühlten sich viele Menschen innerlich zunehmend einsamer und verloren.
In der Nähe gab es einen maroden Tempel und ein Meister entschied sich mit seinem Schüler diesen Tempel zu renovieren, damit er für die Bewohner da sein und ihnen Halt geben könnte.
Da der Meister und sein Schüler selbst keine Mittel für die Sanierung hatten, waren sie auf die Spenden der Bewohner angewiesen. Obwohl der Meister den Menschen wohltat, waren sie nicht bereit etwas von ihrer Habe abzugeben.
An einem Wintertag, nachdem der Meister einen wohlhabenden Mann wieder mal geheilt hatte, machte sich dieser glücklich auf seinen Heimweg, ohne zu fragen, ob er dem Meister und seinem Schüler etwas Gutes tun könnte. Viele im Dorf nahmen die Hilfe des Meisters für selbstverständlich.
Die Bewohner, egal ob sie reich oder arm waren, sahen keine Notwendigkeit den Meister und seinen Schüler zu unterstützen, um den Tempel zu sanieren. An dem Tag verlor der Schüler seine Geduld und Nerven: „Mein Meister, auch wenn ich Sie sehr verehre, bin ich nicht überzeugt, dass wir diesen Tempel jemals renovieren können. Diese Menschen hier sind so egoistisch und narzisstisch, dass ich mir nicht mehr traue, an die Renovierung zu denken. Sie können nur nehmen, nehmen, nehmen und werden sich nicht von uns helfen lassen. Lass uns lieber weiterziehen, vielleicht können wir anderen helfen.“
Der Meister hörte seinem Schüler zu und meditierte dabei.
Nach einer Weile sagte der Schüler: „Mir ist kalt. Ich sehe nur noch Trugbilder.“
Der Meister erwiderte: „Mein Kind, wir haben noch Decken. Lege dich ins Bett und decke dich zu. Dann wird es dir wieder warm.“
Der Schüler tat es.
Kurz danach ging der Meister zu seinem Schüler und fragte ihn, wie er sich fühlte.
„Jetzt ist mir warm geworden.“
„Ist deine Decke auch warm?“
Der Schüler bejahte.
„Was meinst du, hat dich die Decke erwärmt oder du die Decke?“
„Danke für die Lektion, ich habe sie verstanden.“ antwortete der Schüler.
Der Schüler stand auf und ging mit Elan an die Arbeit.
Was hatte der Schüler verstanden?
Du bist der Aufwärmende, deine Mitmenschen können dir nur als Decke dienen.
Wenn du selbst keine Wärme hast, werden dir viele Decken auch nichts nutzen.